pte20130614014 Medien/Kommunikation, Politik/Recht

Deplaziertes Interview kostet Radiomoderator Job

Journalist fragt Australiens Regierungschefin, ob Partner schwul sei


Julia Gillard: im Wahlkampf ist dicke Haut gefragt (Foto: flickr/Kate Lundy)
Julia Gillard: im Wahlkampf ist dicke Haut gefragt (Foto: flickr/Kate Lundy)

Sydney/Perth (pte014/14.06.2013/12:52) Australiens Regierungschefin Julia Gillard hat sich in einer Radio-Live-Sendung peinliche Fragen nach der angeblichen Homosexualität ihres Lebenspartners gefallen lassen müssen. Dem kontroversen Radiomoderator Howard Sattler kostete dieses Interview nun den Job. Gillards Partner Tim Mathieson ist von Beruf Friseur. Für Sattler war dies Anhaltspunkt genug, um die Premierministerin mit Fragen zu konfrontieren, die unter die Gürtellinie abzielten.

"Er muss schwul sein"

"Tim ist schwul?!", lautete die subtile Feststellung des Moderators. Das sei absurd, entgegnete ihm Gillard. "Aber Sie haben es gehört. Er muss schwul sein, er ist Friseur. Das sage nicht ich, das ist halt ein Mythos", so Sattler. Die geharnischte Regierungschefin verbat sich daraufhin jegliche Generalisierungen über gewisse Berufsgruppen. Doch Sattler ließ sich nicht abschütteln: "Können Sie bestätigen, dass er nicht schwul ist?" Gillard: "Oh, Howard, sei doch nicht lächerlich, natürlich nicht." Erst als die Politikerin ihr Gegenüber bat, "wieder auf den Boden zu kommen", beendete er die indiskreten Fragen.

"Aus medienethischer Sicht hätte sich der Journalist mit seinen unangebrachten Fragen zurückhalten sollen", kritisiert Alexander Warzilek, Geschäftsführer des Österreichischen Presserates http://presserat.at , die Vorgangsweise im Gespräch mit pressetext. Dieses "In-Die-Enge-Treiben" sieht er als nicht gerechtfertigt, zumal es nicht nur um die Privatsphäre der Premierministerin, sondern auch um jene ihres Lebenspartners gehe.

Der Sender Fairfax Radio http://fcac.org/radio-fairfax entschuldigte sich daraufhin bei Gillard für die Fragen des Moderators, die "respektlos und irrelevant für die öffentliche Debatte" gewesen seien. Sattler selbst ist bis zum Abschluss eines internen Verfahrens suspendiert worden. Das Interview hat in "Down Under" einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Unterdessen hat sich auch Gillard selbst dazu geäußert. Sie zeigte sich besorgt darüber, dass Vorkommnisse dieser Art junge Frauen davon abhalten könnten, öffentlich aufzutreten. "Ich will, dass Mädchen und Frauen in der Lage sind, sich als Teil des öffentlichen Lebens zu fühlen, und nicht, dass sie solchen Fragen begegnen, wie ich es gestern musste", so Gillard.

Sexistische Speisekarte

In Australien wird im kommenden September ein neues Parlament gewählt. Der Ton zwischen der liberalkonservativen Opposition und der regierenden Labour-Partei wird dadurch zunehmen rauer. Erst unlängst sorgte ein Spendenabend der Opposition für Aufsehen. Der Grund: Auf der Speisekarte war ein Gericht zu finden, das den Namen der Regierungschefin trug. Dabei handelte es sich um eine Wachtel mit "kleinen Brüsten und fetten Schenkeln". Gillard kritisierte die Aktion als "grob sexistisch und beleidigend". Laut Umfragen liegt die Labour-Partei abgeschlagen im Hintertreffen.

(Ende)
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