pte20220404003 Medien/Kommunikation, Politik/Recht

Medien: "Storyteller" sind für US-Bürger Lügner

Viele Journalisten riskieren mit dieser unbedachten Selbstbezeichnung ihre eigene Glaubwürdigkeit


Geschichtenerzählerin: schlechtes Selbstbild für Journalisten (Foto: luxstorm, pixabay.com)
Geschichtenerzählerin: schlechtes Selbstbild für Journalisten (Foto: luxstorm, pixabay.com)

Cincinnati (pte003/04.04.2022/06:10)

Journalisten, die sich selbst als "Storyteller" (wörtlich Geschichtenerzähler) bezeichnen, verlieren in den Augen der US-Öffentlichkeit an Glaubwürdigkeit. Das zeigt eine Studie der University of Cincinnati (UC) http://uc.edu . Der Begriff passt für die Menschen offenbar nicht zum Anspruch, dass Nachrichten ungeschmückte, ordentlich recherchierte Fakten transportieren sollen. Mit der Bezeichnung "Storyteller" schaden Journalisten laut Studie noch dazu ihrem Ansehen sowohl bei Republikanern als auch Demokraten.

"Storyteller" nicht objektiv

Rund 80 Prozent der vom UC-Team erfassten Twitter-Profile von US-Journalisten umfassen die Selbstbezeichnung "Storyteller" - und das ist wohl eher ein Schuss ins eigene Knie. "Zu oft scheint es, dass Journalismus und Nachrichtenberichterstattung mit Kommunikation, PR und allem, was mit der Produktion von Medieninhalten zu tun hat, vermischt werden", meint Jeffrey Blevins, Leiter der Fachbereichs Journalismus an der UC. Das hat ein Experiment gezeigt, bei dem über 2.000 Probanden einen Artikel über einen Bebauungsplan lasen. Die Hälfte sah zudem eine Autoren-Biografie, die den Begriff "Storyteller" enthielt - und reagierte in einer Folgebefragung schlecht darauf.

Den Artikel selbst bewerteten jene, die die "Storyteller"-Biografie sahen, eher als nicht objektiv, manche Aspekte der Geschichte trivialisierend oder gegenüber manchen der dargestellten Personen unfair. Der Reporter selbst wurde ebenfalls als weniger objektiv wahrgenommen. Das dürfte wesentlich dem Begriff "Storyteller" geschuldet sein, auf den zwei Drittel der Probanden schlecht oder extrem schlecht reagierten. Ein Kommentar war, dass das nach einem "gut ausgebildeten Lügner" klinge. Der Vorwurf der Lüge kam häufig direkt oder mit Begriffen wie "Pinocchio", "erfunden" oder gar "Fake News" vor.

Rage nicht nur von rechts

"Ich hatte wirklich angenommen, dass das negative Bild des 'Storytellers' ein von Republikanern getriebenes Ergebnis ist, angesichts dessen, wie eng 'Fake News' mit Trumps Rhetorik verbunden ist", sagt Studien-Erstautor Brian Calfano, UC-Professor für Journalismus. Doch eben das traf zur Überraschung der Forscher nicht zu: Demokraten sehen die Bezeichnung "Storyteller" genauso oft negativ. Insgesamt müssten Journalisten gewissenhafter damit umgehen, dass die Öffentlichkeit den Beruf womöglich anders wahrnimmt, als es das Selbstverständnis der Branche ist.

(Ende)
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